Der gute alte Handschlag

Im Zeitalter von seitenweisen AGB, endlosen Datenschutzrichtlinien und zentimeterdicken Verträgen muss es wieder einmal gesagt werden: Der gute alte Handschlag gilt auch heute noch. Doch er wird zunehmend verdrängt von dicken schriftlichen Verträgen und von elektronischen Signaturen. Was muss man dazu wissen?

Die gute alte Unterschrift oder: Ist eine Email eigentlich „schriftlich“?

Ich werde oft gefragt, ob eine Email eigentlich den Anforderungen an die Schriftlichkeit genüge. „Es kommt darauf an“, ist natürlich meine anwaltliche Lieblingsantwort auf diese Frage. Und zwar darauf, ob das Gesetz Schriftlichkeit für die im Einzelfall betroffene Vereinbarung verlangt oder nicht. Tut es das – z.B. bei der Vereinbarung eines Konkurrenzverbotes mit einem Mitarbeiter – dann schreibt Art. 13 OR vor, dass ein solcher Vertrag die „Unterschrift aller Personen tragen (muss), die durch ihn verpflichtet werden sollen.“ Art. 14 Abs. 1 OR führt weiter aus, dass eine solche Unterschrift eigenhändig zu schreiben sei. Der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt ist nach Schweizer Recht nur eine qualifizierte elektronische Signatur, die auf einem qualifizierten Zertifikat einer anerkannten Anbieterin von Zertifizierungsdiensten im Sinne des Bundesgesetzes über die elektronische Signatur beruht (Art. 14 Abs. 2bis OR).

Die Antwort auf die Frage lautet daher:

  • Schriftliche Vereinbarungen in Form von Emails oder deren Anhängen reichen dann für einen gültigen Vertrag, wenn das Gesetz für diese Art Vertrag keine Formvorschriften aufgestellt hat. Das ist beim Grossteil aller Abmachungen der Fall.
  • Emails reichen nicht, wenn das Gesetz (Unter-)Schriftlichkeit vorschreibt – es sei denn, Sie und Ihre Vertragspartei gehören zu den Wenigen, die mit digitalen Signaturen arbeiten UND die Email ist entsprechend signiert.
  • Es gibt einige Rechtsgeschäfte, die notariell beurkundet werden müssen. Grundstückverkäufe gehören dazu, oder Erbverträge. In diesen Fällen reicht die qualifizierte elektronische Signatur genauso wenig wie die normale handschriftliche Unterschrift, um einen gültigen Vertrag ab zu schliessen.

Bei Emails ist indessen noch etwas anderes zu beachten: Wie jeder Vertrag müssen auch Vereinbarung in Form einer Email oder eines Anhangs im Ernstfall als Beweis für das Vorliegen der betreffenden Vereinbarung herhalten. Es kann im Rahmen des Zivilprozesses vorkommen, dass die Gegenpartei die Gültigkeit dieser Email oder des Anhangs bestreitet, indem sie zum Beispiel vorbringt, diese Mail stamme nicht von ihr oder der Anhang sei manipuliert worden. Noch vor einigen Jahren herrschte ein allgemeines Misstrauen gegen jegliche Form von elektronischer Kommunikation. Doch abgesehen davon, dass auch ein Vertrag in Papierform auf diese Art in Zweifel gezogen werden kann, mache ich im Allgemeinen die Erfahrung, dass Emails mittlerweile einen sehr hohen Beweiswert geniessen. Nicht nur, dass sie in der Regel von den Gegenparteien nicht in Frage gestellt werden, sie werden es auch seitens der Gerichte nicht. Das Medium hat sich weitgehend durchgesetzt (Whatsapp oder SMS übrigens auch) und solange niemand eine Email oder eine Whatsapp anzweifelt, taugen beide sehr gut als Beweismittel.

 

Elektronische Signatur ist nicht gleich elektronische Signatur

Wie das Gesetzeszitat oben zeigt, wird eine Signatur nicht alleine deshalb elektronisch, weil sie elektronisch abgebildet wird. Das Einkopieren eines jpg Ihrer handschriftlichen Unterschrift in ein elektronisches Dokument stellt also keine elektronische Signatur im Rechtssinne dar. Das wäre nicht fälschungssicher. Sie müssen vielmehr vorher das Zertifizierungsverfahren durchlaufen, welches u.a. die eindeutige Identifikation des Unterzeichnenden sicherstellt. Wie die gute alte Handschrift eben auch. Aus demselben Grund sind die immer häufiger genutzten „elektronischen“ Signaturen, die von verschiedenen Diensten wie z.B. Docusign, AdobeSign oder Pandadoc angeboten werden und die zugegebenermassen äusserst praktisch im Einsatz sind, ebenfalls nicht mit einer echten qualifizierten elektronischen Signatur gleichzusetzen, denn bei all diesen Diensten findet keine eigentliche Prüfung der Identität der Nutzer statt. Indessen gilt auch hier: Solange niemand ein auf diese Art unterzeichnetes Dokument anzweifelt und kein Gesetz eine Formvorschrift für diese Vereinbarung vorsieht, reichen so signierte Dokumente aus. Wenn Sie aber auf Nummer sicher gehen wollen, dann drucken Sie einen Vertrag auf Papier aus und lassen Sie alle Parteien jede einzelne Seite visieren und am Schluss die Unterschrift setzen.

Astrid Lienhart, lic.iur. HSG, Rechtsanwältin bei Rechtskraft Advokatur in Zürich