Raserdelikte – Bin ich ein Raser?

Im Alltag ist es schnell passiert: Während eines Ausfluges mit dem Motorrad, auf trockenen und leeren Strassen, erscheint unerwartet ein Lichtblitz – ausgelöst durch ein Radarmessgerät. In diesem Moment wird einem bewusst, dass man viel zu schnell unterwegs war. Die Konsequenzen von Geschwindigkeitsüberschreitungen sind in der Schweiz verglichen mit anderen Ländern relativ einschneidend und die Bussen hoch.

Doch mit welchen Bussen, Strafen oder anderen Massnahmen muss ich in etwa rechnen, wenn ich zu schnell unterwegs war?

Für die Beurteilung der Sanktion sind drei Faktoren entscheidend:

  • Wurden gegen Sie bereits in der Vergangenheit Administrativmassnahmen verhängt?
  • Wie schnell sind Sie effektiv gefahren?
  • Wo sind Sie zu schnell gefahren (innerorts, ausserorts, Autobahn)?

Dabei führt eine Geschwindigkeitsüberschreitung zu zwei verschiedenen Verfahren: Das Strafverfahren der Strafverfolgungsbehörden einerseits und das Administrativverfahren des Strassenverkehrsamts andererseits.

Im Strafverfahren können Sie zu einer Busse oder Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden. Für das Strafverfahren ist jeweils die Staatsanwaltschaft am Ort der Tatbegehung (sprich: Verkehrsregelverletzung) zuständig; das Administrativverfahren wird durch die zuständige Behörde Ihres Wohnsitzkantons geführt.

Eine Administrativmassnahme ist eine Massnahme für mehr Verkehrssicherheit. Als Folge einer Geschwindigkeitsüberschreitung können Sie im Administrativverfahren eine Verwarnung erhalten oder es wird der Führerausweis entzogen. Die spezifische Massnahme ist wiederum abhängig von der konkreten Geschwindigkeitsüberschreitung.

Vorneweg ist darauf hinzuweisen, dass zur Bestimmung des genauen Wertes der Geschwindigkeitsüberschreitung je nach Art der Geschwindigkeitsmessung von der tatsächlich gemessenen Geschwindigkeit unterschiedlich hohe Werte als Sicherheitsabzüge abgezogen werden. So werden beispielsweise bei Radarmessungen bei einem Messwert bis 100 km/h deren 5 km/h abgezogen (Art. 8 VSK-Astra).

Bei relativ geringfügiger Überschreitung der Höchstgeschwindigkeiten spricht man von einer „einfachen Verletzung der Verkehrsregel„. Sie werden mit Bussen von CHF 40 bis CHF 600 bestraft. Bei den ausgesprochenen Bussen bis zu maximal CHF 300 handelt es sich um die sogenannten Ordnungsbussen, welche im Ordnungsbussenverfahren abgehandelt werden können. Die Ordnungsbussen von CHF 40 – CHF 300 können von der Polizei oder anderen öffentlich-rechtlichen Organen selbst erhoben werden, wobei die Kantone die zur Erhebung von Ordnungsbussen zuständigen Organe bezeichnen (in der Stadt Zürich ist das die Stadtpolizei, Zentralstelle für Verkehrs- und Ordnungsbussen). Ordnungsbussen kann man gleich an Ort und Stelle oder innerhalb von 30 Tagen bezahlen. Wer nicht sofort zahlt, muss die Personalien angeben und bekommt einen Einzahlungsschein.

Wenn die Busse innert 30 Tagen bezahlt wird, ist sie rechtskräftig und die Sache ist erledigt. Wird die Busse nicht bezahlt oder zieht die spezifische Geschwindigkeitsüberschreitung eine Busse von mehr als CHF 300 nach sich, kann die Angelegenheit nicht mehr im Ordnungsbussenverfahren abgehandelt werden und es wird ein Verfahren durch die Staatsanwaltschaft eröffnet.

Die einfache Verletzung von Verkehrsregeln liegt beispielsweise dann vor, wenn Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h auf der Autobahn um 1 bis 34 km/h überschritten wird. Es muss je nach Ausmass der Geschwindigkeitsüberschreitung mit nachfolgenden Bussen gerechnet werden:

bei Tempo 30 innerorts Ausserorts/ Autostrasse Autobahn Strafe
1-15 km/h 1-15 km/h 1-20 km/h 1-25 km/h Ordnungsbusse zwischen

CHF 40 – CHF 300

16-20 km/h 16-20 km/h 21-25 km/h 26-30 km/h CHF 400 Busse
21 -24 km/h 21 -24 km/h 26-29 km/h 31-34 km/h CHF 600 Busse

Im Administrativmassnahmenverfahren kann es bei der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln zu einer Verwarnung betreffend den Führerausweisentzug kommen oder der Führerausweis wird für mindestens einen Monat entzogen (vgl. hierfür untenstehende Tabelle).

Bei stärkeren Überschreitungen der Höchstgeschwindigkeiten wird von einer „groben Verletzung von Verkehrsregeln“ gesprochen. Die grobe Verkehrsregelverletzung kann nicht mehr mittels Bussen abgewickelt werden. So wird ein ordentliches Verfahren eingeleitet, welches in die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft fällt und die Strafe kann von wenigen Tagen Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe reichen. Eine grobe Verkehrsregelverletzung liegt beispielsweise vor, wenn auf der Autobahn die Höchstgeschwindigkeit um 35 km/h bis zu 79 km/h überschritten wird.

Die einschneidensten Sanktionen kommen bei starken Überschreitungen der Höchstgeschwindigkeit zum Zug, der sogenannten „qualifiziert groben Verletzung von Verkehrsregeln“ (Raserdelikt).  Die Strafe ist diesfalls mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe. Von einer qualifiziert groben Verkehrsregelverletzung wird gemäss Art. 90 Abs. 3 SVG gesprochen, wenn vorsätzlich (mit Wissen und Willen) elementare Verkehrsregeln verletzt werden und dadurch ein hohes Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten und Todesopfern eingegangen wird. Dies kann er gemäss Gesetzestext namentlich durch (1) besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, (2) waghalsiges Überholen oder (3) Teilnahme an einem nicht bewilligten Rennen mit Motorfahrzeugen.

Doch was versteht der Gesetzesgeber und die Strafverfolgungsbehörden genau unter einer besonders krassen Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit?

Auf der schweizerischen Autobahn gilt die allgemeine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h, auf Autostrassen 100 km/h, auf Haupt- und Nebenstrassen ausserhalb von Ortschaften 80 km/h und innerhalb von Ortschaften 50 km/h.

Art. 90 Abs. 4 SVG führte kategorisierte Geschwindigkeitsangaben ein, welche auf die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten hinweisen und die Anwendbarkeit der Strafzumessungsregel von Absatz 3 (Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren) «in jedem Fall» auslöst. Mit anderen Worten liegt die besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit i.S.v. Art. 90 Abs. 3 SVG mit Sicherheit immer dann vor, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten wird um:

  1. mindestens 40 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 30 km/h beträgt;
  2. mindestens 50 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 50 km/h beträgt;
  3. mindestens 60 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 80 km/h beträgt;
  4. mindestens 80 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit mehr als 80 km/h beträgt.

Dieser härter sanktionierte Tatbestand ist also selbst dann anwendbar, wenn es «gerade wieder einmal gut gegangen ist», es also zu keinen Unfällen kam, niemand getötet oder verletzt wurde sowie auch in jenen Fällen, in denen es zu keinerlei konkreten Gefährdung kam. Das heisst, werden die gesetzlich aufgelisteten Grenzwerte einer Geschwindigkeitsüberschreitung erreicht, liegt automatisch ein Fall der besonders krassen Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit i.S.v. Art. 90 Abs. 4 SVG vor, welcher eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr sowie einen Führerausweisentzug von mindestens 2 Jahren nach sich zieht. Dies gilt unabhängig von Strassenbedingungen oder auch den persönlichen Umständen des Täters (diese sind dann aber bei der kasuistischen Strafzumessung miteinzubeziehen).

Geschwindigkeitsüberschreitung: Mit welcher Strafe muss ich konkret rechnen?

Nachfolgende tabellarische Darstellung soll einen Überblick über die einzelnen Geschwindigkeitsüberschreitungen sowie deren strafrechtlichen (Busse, Geldstrafe oder Freiheitsstrafe) sowie die administrativen (Entzug des Führerausweiss) Konsequenzen verschaffen.

Tempoüberschreitung bei Tempo 30 km/h Tempoüberschreitung innerorts Tempoüberschreitung Ausserorts/ Autostrasse Tempoüberschreitung Autobahn

Einfache Verletzung von Verkehrsregeln

  • um 1-5 km/h: CHF 40.- Busse
  • um 6-10 km/h: CHF 120 Busse
  • um 11-15 km/h: CHF 250.- Busse
  • um 16-17 km/h: CHF 400.- Busse, Verwarnung (Art. 16a Abs. 3 SVG)
  • um 18-19 km/h: CHF 600.- Busse, Verwarnung (Art. 16a Abs. 3 SVG)

Einfache Verletzung von Verkehrsregeln

Einfache Verletzung von Verkehrsregeln

Einfache Verletzung von Verkehrsregeln

Grobe Verletzung von Verkehrsregeln

Grobe Verletzung von Verkehrsregeln

Grobe Verletzung von Verkehrsregeln

Grobe Verletzung von Verkehrsregeln

Qualifiziert grobe Verletzung von Verkehrsregeln (Raserdelikt)

 

Qualifiziert grobe Verletzung von Verkehrsregeln (Raserdelikt)

 

Qualifiziert grobe Verletzung von Verkehrsregeln (Raserdelikt)

 

Qualifiziert grobe Verletzung von Verkehrsregeln (Raserdelikt)