Mietzinserhöhung infolge Referenzzinsanpassung – welche Vorschriften sind zu beachten und wie kann man sich dagegen wehren

Am 1. Juni 2023 hat das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) den neuen hypothekarischen Referenzzinssatz publiziert. Unter dem hypothekarischen Referenzzinssatz ist der volumengewichtete durchschnittliche Zinssatz der inländischen Hypothekarforderungen der Schweizer Banken zu verstehen. Seit seiner Einführung im Jahre 2008 und zahlreichen Senkungsschritten hat sich der Referenzzinssatz Anfang Juni 2023 erstmals wieder erhöht. Er beträgt neu 1.5 % und liegt damit 0.25 % über dem letztmals publizierten Satz. Bei Mietverhältnissen, welche auf einem Referenzzinssatz von 1.25 % basieren, haben die Mieter mit Mietzinserhöhungen zu rechnen.

Ein Anstieg des Referenzzinssatzes um 0.25 % berechtigt die Vermieterschaft grundsätzlich zu einer Erhöhung des Nettomietzinses um 3 %. Ob eine solche Mietzinserhöhung möglich ist, muss mit Blick auf den jeweiligen Mietvertrag, resp. die letzten Mietzinsanpassungen jeweils im Einzelfall geprüft werden.

Eine Erhöhung gestützt auf den Referenzzinsanstieg kommt nur dann in Frage, wenn der Referenzzinssatz gemäss Mietvertrag auf 1.25 % basiert oder die letzte Mietzinsanpassung entsprechend angepasst wurde. Steht im Mietvertrag oder der letzten Mietzinsanpassung ein höherer Referenzzins (d.h. 1.5 % oder mehr), besteht vorerst (noch) kein Erhöhungsanspruch. Dies wäre erst dann der Fall, wenn der Referenzzinssatz den dort angegebenen Stand übersteigt.

Ebenfalls kann aus den Berechnungsgrundlagen im Mietvertrag oder in der letzten Mietzinsanpassung abgelesen werden, bis zu welchem Stand die Teuerung ausgeglichen wurde (d.h. die Anpassung an den Landesindex der Konsumentenpreise) und ob die zwischenzeitlich eingetretene Teuerung allenfalls zu einer Mietzinserhöhung berechtigt. Neben der Änderung des Referenzzinssatzes können Mietzinse nämlich auch an die Teuerung angepasst werden. Eine Teuerung darf im Umfang von 40 % berücksichtigt werden. Schliesslich können auch allfällige Kostensteigerungen der Unterhalts- und Betriebskosten zur Anpassung des Mietzinses führen.

Beispiel I:

Der Mietvertrag wurde im Frühsommer 2022 abgeschlossen mit Mietbeginn 1. Juli 2022 und einem Nettomietzins von CHF 2’150.–. Bei Vertragsschluss betrug der Referenzzinssatz 1.25 %. Der Landesindex der Konsumentenpreise wurde bis März 2022 berücksichtigt, weshalb bis heute eine Teuerung von 3.4 Punkten (von 103.8 auf 107.2 [Stand Ende Mai 2023, Basis Dez 2015]) eingetreten ist. Dies ermöglicht eine Mietzinserhöhung um 1.31 % (=[3.4 x 100 / 103.8] x 0.4). Aufgrund des gestiegenen Referenzzinssatzes kann der Mietzins um weitere 3 %, also insgesamt um 4.31 % (=1.31% + 3%) auf neu CHF 2’242.70 erhöht werden. Eine allfällige Erhöhung der Kostensteigerungen wurde in diesem Beispiel ausgeklammert.

Das Gesetz schreibt vor, dass der Mietzins auf den nächstmöglichen Kündigungstermin erhöht werden kann. Auch dieser Zeitpunkt ergibt sich in der Regel aus dem Mietvertrag. Der Vermieter muss dem Mieter die Mietzinserhöhung mindestens 10 Tage (Bedenkfrist) vor Beginn der Kündigungsfrist auf einem vom Kanton genehmigten Formular mitteilen und begründen. Als Mitteilung in diesem Sinne wird der tatsächliche Empfang der Mietzinserhöhungsanzeige (oder bei nicht abgeholten Einschreiben der siebte Tag der Abholfrist der Schweizerischen Post) verstanden.

Bei einer Mietzinserhöhung muss zwingend das vom Kanton genehmigte Formular verwendet werden, welches die Mieterschaft auch über ihre Anfechtungsmöglichkeiten informiert. Zudem muss die Erhöhung des Mietzinses von der Vermieterschaft klar begründet werden.

Beispiel II:

Im vorgenannten Mietvertrag sind eine dreimonatige Kündigungsfrist sowie die Kündigungstermine Ende März, Juni und September vorgesehen. Für eine Mietzinserhöhung per 1. Oktober 2023 muss unter Einhaltung der 10-tägigen Bedenkfrist die Erhöhungsanzeige mittels Formular spätestens, d.h. auch unter Berücksichtigung einer Abholfrist von sieben Tagen, bis am Dienstag, 20. Juni 2023, an die Mieterschaft zugestellt worden sein.

Will sich die Mieterschaft diese Erhöhung nicht gefallen lassen, kann sie sich zum einen innerhalb der Bedenkfrist von 10 Tagen dazu entscheiden, den Mietvertrag auf den nächstmöglichen Kündigungstermin zu kündigen.
Zum anderen kann die Mieterschaft eine Mietzinserhöhung innert 30 Tagen, nachdem sie mitgeteilt worden ist, bei der Schlichtungsbehörde des Wohnbezirks als missbräuchlich anfechten. Ein entsprechendes Anfechtungsbegehren ist durch sämtliche Personen, welche den Mietvertrag abgeschlossen haben, zu unterzeichnen. Das Schlichtungsverfahren ist kostenlos und die Schlichtungsbehörde wird in erster Linie versuchen, zwischen den Parteien im Rahmen einer mündlichen Verhandlung eine Einigung zu erzielen.

Neben allfälligen Form-, Frist- und Berechnungsfehlern kann die Mieterschaft auch vorbringen, dass die Mietzinserhöhung missbräuchlich sei, da die Vermieterschaft einen übersetzten Ertrag aus der Mietsache erziele. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichts darf die zulässige Nettorendite maximal zwei Prozentpunkte (2 %) über dem Referenzzinssatz (von aktuell 1.5 %), derzeit also 3.5 % (= 2% + 1.5%), betragen.

Ob eine Mietzinserhöhung missbräuchlich ist, muss im Einzelfall aufgrund der Bestimmungen des Mietvertrags und allfälliger vergangener Mietzinsanpassungen geprüft werden. Bei erfolgreicher Anfechtung der Mietzinserhöhung oder bei Abschluss einer Vergleichsvereinbarung anlässlich der Schlichtungsverhandlung kann dies eine dreijährige Kündigungssperrfrist auf Seiten der Vermieterschaft auslösen.

Gerne beraten wir Sie in dieser Angelegenheit und überprüfen die Begründung und Berechnung der Mietzinserhöhung oder unterstützen Sie in einem allfälligen Schlichtungsverfahren.

Rechtsanwalt Adrian Bigler und Rechtsanwalt Patrick Voser