ZPO – Was wird mich mein Verfahren kosten?

Jedes Gerichtsverfahren verursacht Kosten. Einerseits fallen Prozesskosten an, andererseits entstehen den Parteien persönliche Kosten (z.B. Anwaltskosten, Aufwand für die Vorbereitung, Einkommensausfall usw.).

Wer prozessieren will, sollte sich deshalb im Voraus darüber im Klaren sein, mit welchen Kosten er zu rechnen hat und ob er Chancen hat, seinen Anspruch durchzusetzen.

Dabei haben Anwälte die Pflicht, ihre Klientschaft bestmöglich zu beraten, was unweigerlich mit Kosten für ihr Tätigwerden verbunden ist. Das Gericht hat seinerseits die Aufgabe, die Prozesskosten auf die Parteien und allenfalls den Staat zu verteilen. In der Regel werden die Kosten nach Obsiegen und Unterliegen zwischen den Parteien aufgeteilt. Das Gericht muss 5dafür sorgen, dass die Kosten – insbesondere in Verfahren mit Beteiligten, welchen die unentgeltliche Rechtspflege gewährt worden ist – angemessen bzw. gesetzmässig sind.

Die Zivilprozessordnung (ZPO) definiert die Prozesskosten in Art. 95 ZPO wie folgt:

  • Gerichtskosten
    • Pauschalen für das Schlichtungsverfahren;
    • Pauschalen für den Entscheid (Entscheidgebühr);
    • Kosten der Beweisführung;
    • Kosten für die Übersetzung;
    • Kosten für die Vertretung des Kindes (Art. 299 und Art. 300 ZPO).
  • Parteientschädigung
    • Ersatz notwendiger Auslagen;
    • Kosten einer berufsmässigen Vertretung;
    • in begründeten Fällen eine angemessene Umtriebsentschädigung, wenn eine Partei nicht berufsmässig vertreten ist.

Die Höhe von Gerichtsgebühr und Prozessentschädigung hängt von verschiedenen Faktoren ab, namentlich vom Aufwand, sowie der Schwierigkeit und der Bedeutung des Falles. Die Kosten werden den Beteiligten im Normalfall aufgrund des Prozessergebnisses – das heisst im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens – auferlegt.

Mittels folgendem Link können Sie sich einen Überblick verschaffen, wie hoch die Prozesskosten in Ihrem Fall in etwa ausfallen können: https://www.gerichte-zh.ch/fileadmin/user_upload/Dokumente/Themen/Allgemeine_Dokumente/Prozesskosten/P_Prozesskosten.htm

Für die gehörige Führung eines Prozesses ist zudem besonders bei anspruchsvollen Themen anwaltlicher Beistand nötig.

Fallen immer Prozesskosten an?

Nein. Prozesse zwischen Privaten sind gelegentlich aus sozialen Gründen in einem gewissen Umfang von Gesetzes wegen kostenfrei ausgestaltet. Beispiele dafür sind:

  • das Verfahren vor Schlichtungsbehörde in Mietsachen (nicht aber dasjenige vor Mietgericht), das frei von Kosten und Parteientschädigungen ist (Art. 113 ZPO),
  • arbeitsrechtliche Streitigkeiten, wo auch im gerichtlichen Verfahren bis zu einem Streitwert von Fr. 30’000.– zumindest keine Gerichtskosten anfallen (Art. 114 lit. c ZPO) und
  • das kostenlose Beschwerdeverfahren gegen Verfügungen eines Betreibungs- oder Konkursamtes (Art. 20a Abs. 1 SchKG).

In all diesen Fällen können allerdings einer Partei bei mutwilliger Prozessführung die Kosten oder eine Busse auferlegt werden (Art. 115 ZPO).

Was mache ich, wenn ich mir die Prozesskosten nicht leisten kann?

Parteien, denen die Mittel fehlen, um neben dem Unterhalt für sich und ihre Familie Prozesskosten zu finanzieren, und deren Prozess nicht aussichtslos erscheint, können beim Gericht die Gewährung der sogenannten unentgeltlichen Prozessführung beantragen. Dieser Anspruch ergibt sich direkt aus Art. 29 Abs. 3 der Bundesverfassung. Nötigenfalls besteht auch Anspruch auf Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertretung (sog. unentgeltliche Rechtsverbeiständigung).

Die unentgeltliche Prozessführung (Kostenbefreiung) wird gewährt, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

  • Natürliche Person: Juristischen Personen (z.B. Vereine, Stiftungen, AGs, GmbHs, Genossenschaften) wird die unentgeltliche Prozessführung in der Regel nicht bewilligt.
  • Mittellosigkeit (Art. 117 lit. a ZPO): Der betroffenen Partei müssen die Mittel fehlen, um neben dem Lebensunterhalt für sich und ihre Familie für Gerichtskosten aufzukommen. Ausgangspunkt ist das betreibungsrechtliche Existenzminimum (Grundbetrag für Nahrung, Kleidung, Körperpflege, minimale kulturelle Bedürfnisse; Wohnungskosten; Prämien für die obligatorische Krankenversicherung; notwendige Berufsauslagen; Kommunikation), erweitert um die Steuern. Die Gerichte wenden beim Entscheid keine starren Grundsätze an; ihnen steht ein Ermessensspielraum offen.
  • Kein aussichtsloses Verfahren (Art. 117 lit. b ZPO): Die unentgeltliche Prozessführung soll nicht ungerechten Prozessen Vorschub leisten. Deshalb dürfen die Erfolgsaussichten zu Beginn des Verfahrens nicht erheblich geringer sein als die Verlustgefahr. Als Faustregel gilt: Der Staat finanziert keine Prozesse, deren Chancen schlechter als 1:5 stehen.

Für die Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertreterin oder eines unentgeltlichen Rechtsvertreters muss zusätzlich eine vierte Voraussetzung erfüllt sein:

  • Die gesuchstellende Partei muss zur Führung des Prozesses auf fachkundigen Rat angewiesen sein (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO). In Bagatellverfahren oder Prozessen ohne schwierige Fragen wird keine unentgeltliche Rechtsvertretung gewährt. Für die Gutheissung eines Gesuchs sprechen etwa komplexe Sachverhalte, schwierige Rechtsfragen, die grosse Tragweite eines Verfahrens oder der Umstand, dass auch die Gegenpartei anwaltlich vertreten ist.

Die unentgeltliche Rechtspflege wird gewöhnlich nur auf Gesuch hin gewährt. Sie kann nur ausnahmsweise rückwirkend bewilligt werden. Das Gesuch ist an das mit einer Klage befasste Gericht zu richten. Die gesuchstellende Partei hat auf Aufforderung des Gerichts die zur Behandlung des Gesuches nötigen Belege einzureichen (Art. 119 ZPO). Das Verfahren über die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist im Normalfall von Gerichtskosten befreit (Art. 119 Abs. 6 ZPO).

Weder die unentgeltliche Rechtspflege noch die Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertretung befreit die betreffende Partei von der Zahlung einer Prozessentschädigung an die Gegenseite, wenn sie das Verfahren verliert. Kommt sie später (z.B. durch den Prozess) in günstige wirtschaftliche Verhältnisse, so kann das Gericht sie überdies zur Nachzahlung der erlassenen Gerichtskosten und der Auslagen für die Vertretung verpflichten (Art. 122 Abs. 1 lit. d und Art. 123 ZPO).

Der Missbrauch des Instituts etwa durch unwahre Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen führt nicht nur zum Entzug der unentgeltlichen Prozessführung, sondern kann auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen (Art. 120 ZPO; Art. 146 StGB).